BTB-Programm
für den technischen und naturwissenschaftlichen Verwaltungsdienst
Zur gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung
mit den Technik - und Naturwissenschaften und zur Umweltpolitik
- Die Bedeutung technisch-naturwissenschaftlicher
Prozesse zur Fortentwicklung einer humanen Gesellschaft muss sachkundig und
für jedermann verständlich dargestellt werden. Der Technik- und
Fortschrittsfeindlichkeit, wo immer sie auftritt, muss sachlich, aber entschieden
begegnet werden. Andererseits darf es keinen Missbrauch technisch-naturwissenschaftlicher
Erkenntnisse geben.
- Umweltpolitik ist ohne
Technik nicht möglich. Technik ohne Rücksicht auf umweltpolitische
Notwendigkeiten darf es nicht geben. Wir brauchen nicht weniger Technik, sondern
mehr Technik, aber umweltfreundlichere Technik.
- Bei der Einführung
neuer Technologien, bei Planung und Ausführung technischer Projekte ist
eine fachkundige Güteabwägung in sozialer, ökonomischer und
ökologischer Verantwortung geboten. Den in Naturwissenschaft und Technik
Tätigen kommt hierbei eine besondere Verantwortung zu.
- Neue Technologien sind
für die weitere Humanisierung der Arbeitswelt und nicht einseitig zur
Rationalisierung personalintensiver Arbeitsvorgänge zu nutzen.
- Technisch-naturwissenschaftlicher
Sachverstand ist bei Entscheidungsprozessen auf allen Ebenen stärker
als bisher zu nutzen.
- Politisch begründete
Fehlentscheidungen und -entwicklungen dürfen andererseits nicht einseitig
und unbegründet den Ingenieur- und Naturwissenschaftlern angelastet werden.
- Das Umweltstrafrecht
darf nicht dazu führen, dass bei Interessenkonflikten die Beschäftigten
der technisch-naturwissenschaftlichen Verwaltungen trotz sachgerechter Amtsführung
kriminalisiert werden. Sie verdienen den Schutz ihrer Dienstherren.
- Komplizierte technische
Vorgänge und Planungsvorhaben sind dem Bürger in verständlicher
Form darzustellen. Es besteht eine "Bringschuld" der Experten. Der
Bürger darf sich nicht "vergewaltigt" fühlen. Er muss
überzeugt werden.
Zur Funktionsfähigkeit und Leistungssteigerung
des öffentlichen Dienstes
- Der öffentliche
Dienst kann seinen Auftrag nur dann erfüllen, wenn ihm das hierzu notwendige
qualifizierte Personal und eine moderne Sachausstattung zugebilligt wird.
- Personal- und Sachausstattung
müssen sich an den Aufgaben orientieren, die im Interesse des Staates
und der Bürger zu erbringen sind. Hierzu ist auch eine ständige
Aufgabenkritik notwendig, welche Aufgaben der Staat unmittelbar zu erfüllen
hat und welche besser und kostengünstiger durch Private erledigt werden
können.
- Die Diskussion um den
"Schlanken Staat" ist zu versachlichen. Eine "Privatisierung"
öffentlicher Aufgaben muss überall da unterbleiben, wo hiervon der
Sozialstaatsauftrag und die Funktionsfähigkeit staatlicher Organe betroffen
sind und die Dienstleistungsangebote an die Bürger in unangemessener
Weise eingeschränkt werden. Der Einspareffekt ist vielfach nur vordergründig.
Die bewährte Infrastruktur öffentlicher Verwaltungen wird oft aus
populistischen Gründen zerschlagen. Dem muss Einhalt geboten werden.
- Statt dessen sind die
Organisationsstrukturen der technischen und naturwissenschaftlichen Fachverwaltungen
durch innere und äußere Funktionalreformmaßnahmen weiter
zu verbessern. Die Behördeneinheiten müssen dabei überschaubar
und bürgernah bleiben.
- In den östlichen
Bundesländern ist der Aufbau leistungsfähiger Fachverwaltungen intensiv
fortzusetzen. Hilfe zur Selbsthilfe muss absoluten Vorrang vor anderen personellen
und materiellen Unterstützungsmaßnahmen haben.
- Im Interesse einer bürgernahen
Verwaltung, zur Kostensenkung der öffentlichen Haushalte und zur Vermeidung
unnötiger "Investitionsstaus" ist es notwendig, die Regelungsdichte
bei der Planung und Ausführung technischer Vorhaben einzudämmen,
die Planfeststellungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren zu vereinfachen und
zu beschleunigen.
Zur Bildungspolitik
- Der technisch-naturwissenschaftliche
Unterricht muss in den allgemeinbildenden Schulen aller Stufen weiter ausgebaut
werden. Wichtig ist, dass die Vorgänge aus dem Bereich der Technik -und
Naturwissenschaften und ihre Bedeutung für unsere Gesellschaft praxisnah
und fachkundig dargestellt werden. Die technisch-naturwissenschaftlichen Fachverwaltungen
können hierbei wertvolle Hilfen geben.
- Das Hochschulrecht ist
auf der Basis des Hochschulrahmengesetzes fortzuentwickeln und auszugestalten.
Hierzu gehören u.a. die Neuformulierung der Studieninhalte, die Vermeidung
von "Niveauverlusten" durch zu starre Normen, die "studiengerechte",
aber zeitlich begrenzte Studienzeit.
- Die Studiengänge
der verschiedenen Hochschularten sind "durchlässiger" zu gestalten
und den EU-Normen anzupassen.
- Die Betonung des Praxisbezuges
bei den Fachhochschulen darf nicht zu einer Niveausenkung führen, wie
sie bei Berufsakademien und ähnlichen betriebsabhängigen oder verwaltungsinternen
Einrichtungen, die dem Hochschulrahmengesetz nur oberflächlich entsprechen,
zu befürchten ist.
- Die internationale Anerkennung
der Bildungsabschlüsse der deutschen FH- Ingenieure muss mit Blick auf
den Europäischen Binnenmarkt sichergestellt werden.
Zum Beamten- und Laufbahnrecht,
insbesondere zur Gestaltung der Ausbildung des technisch-naturwissenschaftlichen
Verwaltungsdienstes
- Das öffentliche
Dienstrecht ist verfassungskonform so weiterzuentwickeln, dass die öffentliche
Verwaltung den heutigen Anforderungen gerecht wird. Das systemlose Nebeneinander
von Beamten und Angestellten in gleicher Funktion ist zu beseitigen.
- Die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf für Frauen und Männer muss sich endlich in der
Gesellschaft aber auch im Beamten- und Laufbahnrecht widerspiegeln. Der besonderen
Belastung der Frauen als Mutter muss Rechnung getragen werden. Starre Quotenregelungen
dienen diesem Ziel nur unzureichend.
- Die Beteiligungsrechte
der gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen bei der Vorbereitung allgemeiner
Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse (§94 BBG und ähnliche
Landesregelungen) müssen unter Beteiligung der Fachgewerkschaften deutlich
verbessert werden.
- Bei der Gestaltung beamten-
und laufbahnrechtlicher Regelungen und bei der Entwicklung von Bewertungs-
und Beurteilungsgrundsätzen für die Laufbahnen des technischen und
naturwissenschaftlichen Verwaltungsdienstes sind Sachverständige aus
diesen Fachbereichen rechtzeitig und umfassend zu beteiligen.
- Die berufliche Weiterbildung
ist wesentlich zu verstärken und als Dienstaufgabe anzuerkennen. Dies
gilt insbesondere bei der Einführung neuer Techniken und bei der Wiedereingliederung
von Männern und Frauen, die aus familiären Gründen vorübergehend
aus dem Berufsleben ausgeschieden sind.
- Das Beurteilungswesen
ist zu verbessern und zu objektivieren. Es muss sichergestellt sein, dass
alle wesentlichen Beurteilungsmerkmale den Beurteilten zur Kenntnis gelangen
und diese die Möglichkeit haben sich zu äußern.
- Das vorhandene viergegliederte
Laufbahngruppensystem ist zugunsten einer Einstiegslaufbahn, die sich an Bildungsabschlüssen
orientiert, abzulösen.
- Auf jeden Fall müssen
die Aufstiegsmöglichkeiten in eine höhere Laufbahn leistungs-orientiert
erheblich verbessert werden. Beamte des technisch-naturwissenschaftlichen
Verwaltungsdienstes dürfen nicht länger schlechter als andere Berufsgruppen
gestellt werden.
- Den Ingenieur- und Naturwissenschaftlern
dürfen auch höherwertige Funktionen des allgemeinen höheren
Verwaltungsdienstes nicht vorenthalten werden. Die Ausbildung für Laufbahnen
des höheren technischen und naturwissenschaftlichen Verwaltungsdienstes
(Referendarausbildung) muss den veränderten Funktionsanforderungen angepasst
werden.
- Für den gehobenen
technischen Verwaltungsdienst muss auch zukünftig eine gute und zeitlich
ausreichende Einführung in die Verwaltungspraxis, entweder durch einen
entsprechend gestalteten Vorbereitungsdienst oder durch eine zusätzliche
Einführungszeit nach Ablegung der Laufbahnprüfung, garantiert sein.
- Der besonders prekären
Situation im mittleren technischen Verwaltungsdienst muss durch wirkungsvolle
Maßnahmen begegnet werden. Dem erhöhten Funktionsinhalt des mittleren
Dienstes muss bei gleichzeitigem Ausbau einer theoretisch guten und praxisorientierten
Ausbildung auch in der Laufbahnstruktur Rechnung getragen werden.
- Das Versorgungsrecht
der Beamten ist wesentlicher Bestandteil des allgemeinen Beamtenrechts und
ein zentraler Faktor der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums.
Deswegen dürfen die Ruhestandsbeamten auch bei Strukturmaßnahmen
nicht gegenüber den aktiven Beamten benachteiligt werden.
Zum Besoldungsrecht
- Die Beamten des technisch-naturwissenschaftlichen
Verwaltungsdienstes müssen entsprechend ihrer Vor- und Ausbildung, Leistung
und Verantwortung und dem sich hieraus ergebenden Funktionsinhalt besoldet
werden.
- Vor- und Ausbildung sind
wesentliche Elemente, die als Voraussetzung zur funktionsgerechten Aufgabenerfüllung
bei der Neugestaltung des Beamten- und Laufbahnrechts und bei der Entwicklung
von Bewertungsgrundsätzen angemessen berücksichtigt werden müssen.
Vor- und Ausbildung, Leistung, Verantwortung und Funktionsinhalt stehen in
einer engen gegenseitigen Wechselbeziehung.
- Das Bezahlungsgefälle
zur privaten Wirtschaft ist immer noch erheblich und muss dringend abgebaut
werden, wenn sich nicht der Erosionsprozess bei den technisch-naturwissenschaftlichen
Fachverwaltungen fortsetzen soll.
- Naturwissenschaftler,
Ingenieure, Techniker und Meister verfügen bei ihrem Eintritt in den
öffentlichen Dienst bereits über eine abgeschlossene Berufsausbildung.
Dies muss sich auch in der Bezahlung niederschlagen. Das derzeitige Besoldungsrecht
ist deswegen grundlegend neu zugestalten.
Zum Tarifrecht
- Die technisch-naturwissenschaftlichen
Arbeitnehmer der öffentlichen Verwaltungen und Betriebe sind entsprechend
ihrer Vor- und Ausbildung nach Leistung und Verantwortung und den sich hieraus
ergebenden Tätigkeitsmerkmalen zu bezahlen.
- Das Tarifrecht muss den
Veränderungen im Bildungsbereich und dem qualifizierten Einsatz der technisch-naturwissenschaftlichen
Arbeitnehmer weiter angepasst werden. Das Bezahlungsgefälle zur privaten
Wirtschaft konnte durch die bisherigen Tarifverträge nur unzureichend
beseitigt werden. Weitere Maßnahmen sind erforderlich.
- Die Grundsatzforderungen
des BTB für eine "funktionsgerechte" Besoldung der Beamten
des technisch-naturwissenschaftlichen Verwaltungsdienstes sind sinngemäß
für die Entwicklung von Bewertungsgrundsätzen bei den technisch-naturwissenschaftlichen
Arbeitnehmern anzuwenden, soweit dies der unterschiedliche Status zulässt.
- Arbeitnehmer, die dauernd
Funktionen der Hoheits- bzw. Leistungsverwaltung erfüllen, sollten "funktionsgerecht"
in das Beamtenverhältnis überführt werden, soweit sie dies
wünschen. Aus dieser Überleitungsaktion dürfen weder den Beamten
noch den betroffenen Arbeitnehmern einer Verwaltung finanzielle oder funktionelle
Nachteile erwachsen.